Basel
... aus "Dicht dran", Seite 137:
„Wir werden Fragen der deutschen Behörden immer wahrheitsgemäß beantworten und keine Straftat decken! Herr Rechtsanwalt! Dazu brauchen wir Ihre Belehrungen nicht.“
Thomas sah an Schübli vorbei und schaute aus dem 15. Stock über die Dächer von Basel bis hin zu dem Gelände der ehemaligen Ciba-Geigy. Dort hatte er sich vor zwölf Jahren für eine Stelle als Assistent in der Rechtsabteilung vorgestellt. Er war nicht genommen worden, was ihn damals sehr frustrierte und worüber er sich sehr geärgert hatte.
Heute war er froh darüber. Mit Grausen stellte er sich das uniforme Leben unter Tausenden anderer Mitangestellten vor, im dunklen Anzug mit einer Krawatte, bei der schon eine freche Farbe eine revolutionäre Gesinnung hätte vermuten lassen.
Trotzdem erinnerte er sich gerne an den Tag des Vorstellungsgesprächs. Es war an einem Freitag im Spätsommer und er war mit Leonie gleich das ganze Wochenende in Basel geblieben. Es war noch einmal ungewöhnlich heiß geworden. Davon hat er sonnige Bilder im Kopf: Leonie in ihrem flotten Einteiler im Strandbad, Leonie ohne irgendetwas in dem kleinen Hotelzimmer auf ihm liegend, Leonie mit Sonnenbrille im Straßencafé ihren Cappuccino genießend …
... aus "Dicht dran", Seite 189:
Trotzdem bemerkte Thomas den blonden Mann nicht, der den gleichen Weg wie er gegangen war.
Am Naturkundemuseum kehrte Thomas wieder um, da er den Eindruck hatte, dass auf der anderen Rheinseite ein schönerer Fußweg wäre, ging zurück bis zu der Brücke, wo er länger vor einer Bronzefigur stehen blieb. Es gefiel ihm, wie die hoch aufgerichtete Frau stolz und ruhig das nervös hinter ihr drängende Pferd kaum bändigen, aber trotzdem führen konnte.
Dann auf die Brücke bis zum Scheitelpunkt, wo er sich über die Steinbrüstung lehnte und auf den Rhein schaute. Er spuckte hinunter und beobachtete, wie sich seine Spucke schon weit vor der Wasseroberfläche in der Luft verlor. Die Brücke war alt, wie die Alte Mainbrücke in Würzburg, doch viel größer.
Eine grüne Straßenbahn fuhr hinter ihm vorbei. Thomas schaute nervös auf die Uhr. Zwanzig nach zehn. Er kehrte wieder um, konnte den Turm der Kirche sehen, die gleich neben dem Marktplatz lag und ging in diese Richtung zurück. Kurz nach dem Marktplatz bog er bergauf in eine Gasse ein. Vorbei an einem Dritte-Welt-Laden, an einem Geschäft für Spielzeugeisenbahnen, für das er kein Auge hatte, bis er den Spalenberg mit seinem Torturm erreichte, in dessen Nähe sie ihr Auto geparkt hatten und wo er in einem kleinen Café auf Karin warten sollte.
Trotzdem es schattig und ungemütlich war, bestellte er einen Espresso und holte alle zwei Minuten sein Handy aus der Tasche, um die Uhrzeit zu überprüfen. Ansonsten ließ er seinen Blick aber nicht ablenken vom Spalenbrunnen, hinter dem er Karin jeden Moment erwartete. Dem blonden Mann mit dem Schnauzbart, der sich ein paar Tische entfernt einen Stuhl nahm, schenkte er keine Aufmerksamkeit.