Unsere Kanzlei

... aus "Dicht dran", Seite 33:

Wie jeden Montag trafen sich die sechs Mitarbeiter der Anwaltskanzlei ‘Meyer & Schöngeist’ auch am 7. April 2008 um 9 Uhr 30 im großen Besprechungszimmer am Würzburger Ludwigskai. Der 44-jährige Jean Meyer saß wie immer schon als erster in dem Zimmer und sah gedankenverloren aus dem Fenster auf den braun und träge dahinfließenden Main.

Nach einigen Minuten schaute er etwas ungeduldig auf die Uhr, um zehn Uhr musste er los, damit er rechtzeitig um zwölf Uhr nach Nürnberg zum Mittagessen mit dem Vorstandsvorsitzenden der ‘Werner AG’ kommen würde.

Im Prinzip hatte er keine Lust auf die anstehende Sitzung, mit der das Team die neue Woche beginnen würde. Er hatte ohnehin schon vor einer Stunde die wichtigsten Sachen mit seiner rechten Hand Laura Peters besprochen, und seine Lust, dem unsympathischen Herbert von Hanstein irgendetwas von seiner Arbeit zu erzählen, hielt sich in engen Grenzen.

Der Typ war ein Fehlgriff! Das hatte er schon nach zwei Wochen gemerkt, doch Thomas Schöngeist, sein Sozius und Freund, hatte das anfangs nicht wahrhaben wollen. Thomas hatte von Hanstein immer wieder die Stange gehalten, auch nachdem er drei Mal einen immer wieder gleichen dilettantischen Fehler in einen Vertragsentwurf eingebaut hatte. Dann mache ich die Arbeit lieber gleich selber, dachte sich Jean, bevor er die Schriftsätze sorgsam und misstrauisch kontrollieren müsste.

Doch letzte Woche hatten er und Thomas beschlossen, dem Spuk ein Ende zu machen und von Hanstein zu kündigen, was er mit Thomas zusammen auch unbedingt in dieser Woche umsetzen musste. Aber nicht heute.

Endlich kam Thomas, dahinter gleich Karin. Gott sei Dank gut gelaunt, bei ihr wusste man ja nie. Er mochte sie gerne, aber ihre wechselnden Stimmungen befremdeten ihn doch ganz gehörig. Wie Thomas das nur dauernd aushält? Aber der schwor auf sie und arbeitete gerne mit ihr, auch wenn sie manchmal recht ruppig und laut miteinander umgingen.